Einigung im Freihandelsabkommen mit südamerikanischen Mercosur-Staaten erzielt

Nach fast 20 Jahren ist es soweit. Die EU und die Mercosur-Staaten haben sich am 28. Juni 2019 in Brüssel auf ein Freihandelsabkommen geeinigt. Während europäische Landwirte bangen, dürfen sich die Automobilindustrie und Maschinenbauer freuen. Die Öffnung des lateinamerikanischen Marktes birgt enormen Profit für die EU.

Mit dem Freihandelsabkommen, dass bereits seit 1999 mit Zwischenpausen diskutiert wird, will die EU eine der größten Freihandelszonen der Welt schaffen. Mercosur ist ein Staatenbund bestehend aus Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay und steht für Mercado Común del Sur (Gemeinsamer Markt des Südens). Hauptstreitpunkt war bisher immer der Agrarsektor. Der Abbau von derzeit noch enorm hohen Zöllen soll Kosteneinsparungen in der Höhe von mehr als 4 Mrd. Euro jährlich bringen. Die Exporte von EU-Unternehmen in die vier Mercosur-Staaten beliefen sich im Jahr 2018 auf rund 45 Milliarden Euro, importiert wurden Waren im Wert von 42,6 Milliarden Euro. Insgesamt leben in der neu geschaffenen Freihandelszone mehr als 770 Millionen Menschen.

Für die Automobilindustrie und Maschinenbauer verspricht das Abkommen reichlich Profit. Bisher waren diese Zweige von hohen Zöllen zwischen 35% (Autos) und 14% belegt. Insgesamt soll die Öffnung des Marktes für 91 Prozent der Waren zollfreien Warenverkehr ermöglichen: Chemikalien (derzeitig 18%), Kleidung (derzeitig 35%), Pharmazeutika (derzeitig bis zu 14%), Lederschuhe und Textilien (derzeitig 35%), Schokolade und Süßwaren (derzeitig 20 %), Weine (derzeitig 27 %), Champagner (derzeitig 20 bis 35 %) oder Spirituosen (derzeitig 20 bis 35 %) sollen künftig ohne Handelsbarrieren frei gehandelt werden können. Für Milcherzeugnisse, vor allem Käse, sieht das Freihandelsabkommen zollfreie Zollkontingente vor (derzeitiger Zoll 28%).

Damit es zur größten Freihandelszone der Welt kommt, sind allerdings noch einige Schritte notwendig. Der vorläufige Abkommenstext („agreement in principle“) muss noch juristisch überprüft werden. Nach der Übersetzung in alle EU-Amtsprachen wird das Abkommen dann den EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament zur Ratifizierung vorgelegt.

EU setzt handelspolitisches Zeichen

Mit der kürzlich stattgefundenen Einigung signalisiert die EU vor allem, dass sie für offene Märkte und gegen Protektionismus steht – ein deutliches Zeichen an Trumps Handelspolitik. Frankreich bleibt allerdings vorerst skeptisch, vor allem da es sich um die Auswirkungen auf die heimische Landwirtschaft sorgt. Die Mercosur-Staaten produzieren in weitaus höherem Maßstab als europäische Landwirte und sind somit hinsichtlich der Kosten durchaus wettbewerbsfähig. Der EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan versucht unterdessen die Sorgen zu minimieren und verspricht mit weiteren Agrar-Subventionen etwaige Wettbewerbsverzerrungen auszugleichen. Bis zu einer Milliarde Euro sollen europäische Bauern vor der Pleite schützen. Auch der großzügige Umgang mit Pflanzenschutzmitteln und Gentechnik sorgt für Kritik unter den Abkommensgegnern.

Was beinhaltet das Abkommen noch?

Mercosur verspricht Fälschungen von europäischen Markenprodukten einen Riegel vorzuschieben, indem es für den Schutz von insgesamt 357 europäischen Lebensmittel- und Getränkeerzeugnissen, für die geografische Angaben anerkannt sind, z. B. Münchener Bier oder Tiroler Speck rechtliche Garantien einführt.

Das neue Freihandelsabkommen sieht auch die Einhaltung des Pariser Abkommens vor, welche eine nachhaltige Bewirtschaftung und den Erhalt der Wälder vorsieht. Umweltschützer befürchten nämlich durch das Inkraftreten des Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten die Rodung riesiger Flächen südamerikanischen Regenwaldes, da für die Produktion und in Folge dem Export von mehr Nahrungsmitteln auch mehr landwirtschaftliche Flächen benötigt werden. Eine weitere Abholzung des wertvollen Waldes würde das Klima der Erde negativ beeinflussen.

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