Brexit geht in die heiße Phase

Letzte Woche konnte man das Aufatmen in Brüssel fast hören – der Brexit-Ausstiegsvertrag wurde mit der britischen Premierministerin endlich fertig ausgehandelt. Für die EU gibt es keinen Zweifel – es ist ein fairer Vertrag und er wird nicht nachverhandelt. Für May wird es aber noch ein langer Weg werden, bis das britische Parlament auch zustimmt. Die Kritik in Großbritannien wird immer größer, und viele befürchten gar, dass sich Premierministerin May nicht länger halten können wird. Aber was steht im Vertrag?

Inhalte des Brexit-Vertrags

Der Vertrag ist zurzeit lediglich ein Grundgerüst und ist nicht bis in die letzten Details ausverhandelt. Er sieht hauptsächlich eine Verlängerung der Übergangsfrist bis Ende 2020 vor, um einen geregelten Ausstieg aus der Europäischen Union gewährleisten zu können.

  • Übergangsfrist: die Frist läuft offiziell bis Ende Dezember 2020 und kann einvernehmlich verlängert werden. Dabei muss das Vereinigte Königreich in dieser Zeit aber alle EU-Rechte und Pflichten anerkennen und auch Mitgliedsbeiträge zahlen. Mitspracherecht gibt es für Großbritannien aber keines mehr. Die EU diskutiert mittlerweile auch schon offen darüber, die Frist noch bis 2022 zu verlängern – man will die offizielle Scheidung demzufolge so lange wie möglich verzögern.
  • Finanzielle Verpflichtungen: Großbritannien muss allen finanziellen Verpflichtungen, denen sie zugestimmt haben, auch in der Zeit nach dem Brexit nachkommen. Die Gesamtsumme dieser Projekte (z.B. ein Satellitenprogramm) wird auf etwa 45 Milliarden Euro geschätzt.
  • Handel & Zoll: die EU und Großbritannien möchten eine Zone schaffen, in der weiterhin reibungslos ein Warenhandel ohne Zölle und Gebühren stattfinden kann. Das ist das größte Entgegenkommen der EU – wollte sie doch im Vorfeld das Rosinenpicken unter allen Umständen verhindern!
  • Irland: eine harte Grenze sollte auf jeden Fall verhindert werden. Aus diesem Grund ist es vorgesehen bis zum Sommer 2020 ein neues Handelsabkommen einzurichten, das Nordirland erlaubt weiterhin Teil des europäischen Binnenmarkts zu bleiben. Hier liegt wohl das größte Problem für May – für die britischen Parlamentarier ist es untragbar, dass Nordirland defacto EU-Mitglied bleibt. Schottland hat ebenfalls großen Protest eingelegt – es wird befürchtet, dass Nordirland damit große Wettbewerbsvorteile hat.
  • Leben in GB und der EU: für alle Briten, die in der EU leben und alle Europäer, die in Großbritannien leben, ändert sich dem Brexit-Vertrag zufolge nichts. Sie können leben, arbeiten oder studieren, wo sie wollen und haben auch weiterhin Anspruch auf Sozialleistungen.
  • Urheber- und Markenrechte: die bisherigen Rechte bleiben bestehen und werden weiterhin geschützt. Für neue Marken ist es nicht mehr verpflichtend.
  • Gibraltar & Zypern: die Rechte der Menschen, die auf britischem Gebiet leben, sollen weiterhin gewahrt bleiben. Spanien hat ob der schwammigen Formulierung bereits Protest eingelegt – sie möchte selbst mit Großbritannien über Gibraltar verhandeln und nicht von der EU vertreten werden, der Vertrag sieht das aber nicht vor.

Sollte es Premierministerin May schaffen ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen, wird es wohl zu einer Verlängerung der Übergangsfrist und zu einem geordneten Ausstiegs Großbritannien aus der EU kommen (Soft Brexit). Wenn May aber die Zustimmung im Parlament nicht erhält stehen die Chancen sehr schlecht dafür. Um einen tagesaktuellen Einblick über den Brexit zu erhalten, besuchen Sie die WKO-Seite EU Today: https://news.wko.at/news/oesterreich/EU_Today_Start.html

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